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EU-Kurzinfo: Richtlinie zu meldepflichtigen grenzüberschreitenden Gestaltungen im Bereich der Besteuerung

Die Richtlinie (EU) 2018/822 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen verpflichtet sogenannte Intermediäre zur Offenlegung von potenziell aggressiven Steuerpraktiken. Diese Praktiken müssen grenzüberschreitend sein und werden durch verschiedene Kennzeichen, sogenannte hallmarks, festgelegt.

Auch Rechtsanwälte unterfallen grundsätzlich dem Begriff der Intermediäre. Allerdings kann für diese eine Ausnahme vorgesehen werden, wenn nach nationalem Recht das anwaltliche Verschwiegenheitsgebot anwendbar ist. In solchen Fällen trifft den Steuerzahler eine Offenlegungspflicht.

Obwohl die Frist zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/822 (siehe abrufbar hier) am 31.12.2019 enden und die hierin enthaltenen Berichtspflichten erst ab dem 01.07.2020 anwendbar sein sollen, ist in dieser eine retroaktive Komponente enthalten.

Im Hinblick auf Rechtsanwälte, die grundsätzlich unter den Begriff der Intermediäre fallen, sieht die Richtlinie in Artikel 8ab Absatz 5 und 6 zunächst folgende Ausnahmeregelung bezüglich des Schutzes der Verschwiegenheitspflicht vor:

"5)   Jeder Mitgliedstaat kann die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Intermediären das Recht auf Befreiung von der Pflicht zu gewähren, Informationen über eine meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltung vorzulegen, wenn mit der Meldepflicht nach dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats gegen eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht verstoßen würde. In solchen Fällen ergreift jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um die Intermediäre zu verpflichten, andere Intermediäre oder, falls es keine solchen gibt, den relevanten Steuerpflichtigen unverzüglich über ihre Meldepflichten gemäß Absatz 6 zu unterrichten.
Intermediäre können die in Unterabsatz 1 genannte Befreiung nur insoweit in Anspruch nehmen, als sie ihre Tätigkeit im Rahmen der für ihren Beruf relevanten nationalen Rechtsvorschriften ausüben.
(6)   Für den Fall, dass kein Intermediär existiert oder der Intermediär den relevanten Steuerpflichtigen oder einen anderen Intermediär über die Anwendung einer Befreiung gemäß Absatz 5 unterrichtet, ergreift jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Pflicht zur Vorlage von Informationen über eine meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltung dem anderen unterrichteten Intermediär oder, falls kein solcher existiert, dem relevanten Steuerpflichtigen obliegt."

In Artikel 8ab Absatz 12 heißt es:
"Jeder Mitgliedstaat ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um Intermediäre und relevante Steuerpflichtige zur Vorlage von Informationen über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen zu verpflichten, deren erster Schritt zwischen dem Datum des Inkrafttretens [Anm.: 25.06.2018] und dem Datum des Beginns der Anwendung [Anm.: 01. Juli 2020] dieser Richtlinie umgesetzt wurde. Die Intermediäre und die relevanten Steuerpflichtigen legen, sofern betroffen, bis zum 31. August 2020 Informationen über diese meldepflichtigen grenzüberschreitenden Gestaltungen vor."

Für die Frage, wie mit den in der Richtlinie verankerten neuen Verpflichtungen für Anwälten und Steuerpflichtigen konkret im nationalen Recht umgegangen wird, wird die derzeit noch unbekannte nationale Ausgestaltung wesentlich sein. Auch wurden bereits Bedenken im Hinblick auf die retroaktive Komponente der Richtlinie und deren Vereinbarkeit mit dem europäischen Primärrecht geäußert.

Der ÖRAK wird die Umsetzung der Richtlinie begleiten und den Stand hierzu weiter informieren.

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