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Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020

Nach drei Jahren seit der letzten umfassenden Änderung des rechtsanwaltlichen Berufsrechts wurde das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2020 (BRÄG 2020) am 21.03.2020 im Bundesgesetzblatt unter BGBl I 19/2020 kundgemacht. Das BRÄG 2020 enthält neben einer Vielzahl von Änderungen im rechtsanwaltlichen Berufsrecht auch die Änderungen, die sich im Zuge der Umsetzung der 5. Geldwäsche-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU, ABl L 2018/156, 43.) ergeben haben.

Von den Arbeitskreisen und Arbeitsgruppen des ÖRAK werden laufend Vorschläge zur Modernisierung und Novellierung des rechtsanwaltlichen Berufsrechts ausgearbeitet und es haben zahlreiche ÖRAK-Forderungen, ua bezüglich gesellschafts- und firmenrechtlicher Bestimmungen, zum rechtsanwaltlichen Disziplinarrecht, zur Rechtsanwaltsprüfung, zu den Bemessungsgrundlagen im RATG und zur Aufteilung der Pauschalvergütung zwischen den Rechtsanwaltskammern Berücksichtigung gefunden.

Die wichtigsten Änderungen werden im Folgenden überblicksartig dargestellt:


Umsetzung der 5. Geldwäsche-Richtlinie

Aufgrund der 5. Geldwäsche-Richtlinie waren umfangreiche Änderungen auch im rechtsanwaltlichen Berufsrecht notwendig. Änderungsbedarf bestand insbesondere bei den Regelungen zum Umgang mit Mandanten aus Drittländern mit hohem Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (GW/TF), beim Schutz von Angestellten eines Rechtsanwalts, die einen Verstoß gegen die Bestimmungen zur Verhinderung von GW/TF entweder kanzleiintern oder an die Rechtsanwaltskammer melden, sowie bei der Aufsicht durch die Rechtsanwaltskammern.

In § 8b Abs 2 RAO wird nun klargestellt, dass die Überprüfung der Identität der Partei nicht nur anhand der schon bisher gesetzlich vorgesehenen Mittel (Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises; amtlich dokumentierter, in gleicher Weise beweiskräftiger Vorgang), sondern auch „auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen“, erfolgen kann. Erfreulich ist auch vor allem, dass die Identitätsfeststellung der Partei nun auch aus der Ferne oder auf elektronischem Weg erfolgen kann.

Auch die Kritik bezüglich der bisherigen Ferngeschäftsregelung in § 8b Abs 3 RAO wird aufgegriffen und es wird hier nun die Bedeutung einer risikobasierten Vorgehensweise bei der Erfüllung der den Rechtsanwalt treffenden Identifizierungs- und Sorgfaltspflichten im Bereich der sog. Ferngeschäfte betont.

Neu ist, dass der Rechtsanwalt gemäß § 8b Abs 4a RAO nun ausdrücklich verpflichtet ist, bei Anknüpfung einer neuen Geschäftsbeziehung zu einem Rechtsträger im Sinn des § 1 Abs 2 WiEReG einen Auszug aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer einzuholen.

Überdies ist gemäß § 8b Abs 6 RAO die Europäische Kommission befugt, in einem delegierten Rechtsakt Drittländer mit hohem Risiko zu ermitteln. Das sind Länder, deren System zur Bekämpfung von GW/TF wesentliche Schwachstellen aufweist. Bei Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen, an denen ein solches „Drittland mit hohem Risiko“ beteiligt ist, sind die Verpflichteten gehalten, die in § 9a FM-GwG angeführten verstärkten Sorgfaltspflichten einzuhalten. Weiters kann die Justizministerin mittels Verordnung zusätzliche von den Rechtsanwälten einzuhaltende risikominimierende Maßnahmen anordnen.

§ 8b Abs 6 stellt auch fest, dass die den Rechtsanwalt treffenden Sorgfaltspflichten auch für alle bestehenden Geschäftsbeziehungen gelten, unabhängig davon, wann sie begründet worden sind. Gemäß § 8b Abs 6a RAO hat die Anwendung der Sorgfaltspflichten auf risikobasierter Grundlage bei bestehenden Geschäftsbeziehungen insbesondere dann zu erfolgen, wenn der Rechtsanwalt Kenntnis von einer Änderung maßgeblicher Umstände bei der Partei erlangt oder er aufgrund anderer Rechtsvorschriften verpflichtet ist, die Partei im Laufe des betreffenden Kalenderjahres zu kontaktieren, um etwaige einschlägige Informationen über den oder die wirtschaftlichen Eigentümer zu überprüfen.

In § 8b Abs 7 RAO wird nun erfreulicherweise klargestellt, dass bei Scheitern der Identifizierung aufgrund mutwilliger Verweigerung eines berechtigten Auskunftsverlangens des Rechtsanwalts durch die Partei, eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle im Sinne der Richtlinie „in Erwägung zu ziehen“, jedoch nicht verpflichtend, ist.

Was den Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers betrifft, erfolgt nun in § 8d RAO ein Verweis auf § 2 Z 1 bis 3 WiEReG. Dies soll sicherstellen, dass es nicht wie in der Vergangenheit zu einem Auseinanderfallen der Definitionen dieses Begriffs in den unterschiedlichen Gesetzen kommt.


Geldwäsche-Leitfaden und Vorhaben auf europäischer Ebene

Im ÖRAK beschäftigt sich die Arbeitsgruppe Geldwäscheprävention seit längerer Zeit mit allen im Zusammenhang mit der Verhinderung der GW/TF stehenden Herausforderungen für die Rechtsanwaltschaft. In diesem Zusammenhang wurde auch der ÖRAK Geldwäsche-Leitfaden überarbeitet. Den Leitfaden finden Sie im Mitgliederbereich des ÖRAK unter Informationen / Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die dazugehörigen Anhänge sind derzeit noch in Überarbeitung und werden in Kürze zur Verfügung gestellt.

Angemerkt sei, dass die Europäische Kommission derzeit an einem Aktionsplan zur Bekämpfung von GW/TF arbeitet, der weitreichende Änderungen in der Politik der Europäischen Union zur Verhinderung von GW/TF vorsieht. Die Pläne der Europäischen Union gehen dabei in die Richtung der Schaffung einer eigenen EU-Aufsichtsbehörde sowie einer einheitlichen EU-Geldwäsche-Verordnung, damit ein höherer Grad der Harmonisierung in den Mitgliedstaaten erreicht werden kann. Der ÖRAK ist hier intensiv darum bemüht, gegenüber den Unionsstellen auf die Besonderheiten und Spezifika der Rechtsanwaltschaft hinzuweisen


Gesellschaftsrechtliche Änderungen

Mit dem BRÄG 2020 kommt es auch zu umfassenden Neuerungen in den gesellschafts- und firmenrechtlichen Bestimmungen der RAO, die das Ziel haben, eine unabhängige und eigenverantwortliche Berufsausübung im Interesse des Rechtsstaates und dem Schutz der Mandanten sicherzustellen.

§ 1a Abs 1 RAO sieht vor, dass für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in einer Gesellschaft neben der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Wesentlichen auch alle anderen Personen- und Kapitalgesellschafts-Rechtsformen zur Verfügung stehen (mit Ausnahme der Aktiengesellschaft). Darüber hinaus soll die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich auch in jedweder sonstigen in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft offenstehenden Personen- oder Kapitalgesellschafts-Rechtsform zulässig sein, soweit die Erfordernisse der §§ 21a und 21c RAO eingehalten werden und die betreffende Gesellschaft nach dem jeweils maßgeblichen Recht wirksam gegründet ist. Weiterhin ist auch nicht die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Form der Aktiengesellschaft über den Umweg eines anderen EU-Mitgliedstaates zulässig, da diese Gesellschaftsform eine eigenverantwortliche und unabhängige Berufsausübung nicht ermöglicht.

Mit der Neuerung in § 1b RAO, wonach als Sachbestandteil der Firma oder der Gesellschaftsbezeichnung ein Hinweis auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft aufzunehmen ist, jedoch weitere Zusätze zulässig sind, soweit diese nicht irreführend sind und auch nicht den Eindruck einer fachlichen oder örtlichen Alleinstellung bewirken, kommt es zu einer Liberalisierung der firmenrechtlichen Bestimmungen. Am Erfordernis der Aufnahme eines Hinweises auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft als Sachbestandteil der Firma wird zwar auch in Hinkunft festgehalten, mit der Änderung ist es nun aber zulässig weitere Zusätze in die Firma einer Rechtsanwalts-Gesellschaft aufzunehmen. Ziel des ÖRAK war es, künftig generell Firmenzusätze bzw eine reine Sachfirma zulässig zu machen.

Eine Absicherung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht erfolgt in § 9 Abs 2 RAO, wonach Rechtsanwälte bzw Rechtsanwalts-Gesellschaften in Hinkunft verpflichtet sind, Gesellschafter, Mitglieder der durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Aufsichtsorgane einer Rechtsanwalts-Gesellschaft sowie vom Rechtsanwalt/von der Rechtsanwalts-Gesellschaft herangezogene Hilfskräfte zur Verschwiegenheit zu verpflichten (durch eine entsprechende vertragliche Vereinbarung). Zugleich müssen für die verlässliche Einhaltung dieser Verpflichtung hinreichende Vorkehrungen getroffen werden, soweit es sich bei den betreffenden Personen nicht um Rechtsanwälte handelt.

Was den zulässigen Gesellschafterkreis in § 21c Z 1 RAO betrifft, wurde diese Bestimmung übersichtlicher gefasst und überarbeitet. Dabei entfällt die Möglichkeit, dass eine Privatstiftung Gesellschafter einer Rechtsanwalts-Gesellschaft werden kann. (Bezüglich bestehender Privatstiftungen wird im Detail wird auf die Übergangsbestimmungen in § 60 Abs 4 RAO verwiesen.)

Künftig ist es möglich, dass gemäß § 21c Z 10 RAO in einer Rechtsanwalts-Gesellschaft einerseits Prokura (ausschließlich) an Rechtsanwälte wirksam erteilt werden kann und andererseits die Erteilung von Handlungsvollmacht (ausschließlich) für die Vornahme solcher Geschäfte zulässig, die nicht die Ausübung der Rechtsanwaltschaft betreffen.


Änderungen im Rechtsanwaltsprüfungsgesetz

Der Prüfungswerber ist nach § 16 zweiter Satz RAPG bei den schriftlichen Prüfungen der Rechtsanwaltsprüfung auf die Verwendung bestimmter Hilfsmittel beschränkt. In § 16 Abs 2 RAPG sind nun auch die bisher noch nicht geregelten Rechtsfolgen in Fällen, in denen ein Prüfungswerber bei der Rechtsanwaltsprüfung unerlaubte Hilfsmittel verwendet, sich bei der Ablegung der Prüfung unzulässigerweise einer anderen Person bedient oder aus sonstigen Gründen eine vorgetäuschte Leistung vorliegt, geregelt. Mit dieser Änderung wird klargestellt, dass die Prüfung in diesen Fällen nicht zu beurteilen oder deren erfolgte Beurteilung im Nachhinein für ungültig zu erklären ist. Darüber hinaus wird die nicht beurteilte oder in ihrer Beurteilung für ungültig erklärte Prüfung auf die Gesamtzahl der Antritte zur Rechtsanwaltsprüfung angerechnet werden.

Änderungen im Disziplinarstatut

Auch im rechtsanwaltlichen Disziplinarrecht kommt es auf Anregung des ÖRAK zu einigen Änderungen. Zur Vermeidung von künftigen Unklarheiten wurde die sinngemäße Anwendbarkeit der „Wahl-Bestimmungen“ der §§ 24 bis 24b RAO für sämtliche Wahlvorgänge zum Disziplinarrat ausdrücklich vorgesehen.

Erfreulich ist, dass es bei der Disziplinarstrafe der Geldbuße nach § 16 Abs 1 Z 2 DSt künftig möglich ist, diese unter der Voraussetzung, dass ihre gänzliche oder teilweise Androhung genügen wird, um den Beschuldigten von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten, zur Gänze oder zum Teil bedingt nachzusehen.

Zugleich wird die in § 39 DSt vorgesehene Möglichkeit eines Schuldspruchs ohne Verhängung einer Disziplinarstrafe gestrichen. Diese Sanktion spielt in der Praxis nicht zuletzt aufgrund des schriftlichen Verweises letztlich keine Rolle und entfällt daher.


Anhebung der Bemessungsgrundlagen im RATG

Im RATG kommt es erfreulicherweise zu einer Anhebung der seit Jahren unverändert geblieben Bemessungsgrundlagen in §§ 10, 12, 14 RATG.


Weitere Änderungen

Gemäß § 23 Abs 5 RAO können nun Zustellungen zwischen der Rechtsanwaltskammer und ihren Mitgliedern aus dem Kreis der Rechtsanwälte auch im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs vorgenommen werden.


Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

Die meisten Bestimmungen im BRÄG 2020 treten grundsätzlich mit 01.04.2020 in Kraft. Was die Bestimmungen betreffend Verhinderung von GW/TF betrifft, so sind diese mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt am 22.03.2020 in Kraft getreten. Im Detail wird auf die Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen in § 60 RAO, § 80 DSt, § 29 RAPG, § 26a RATG und § 44 EIRAG verwiesen.

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