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Ab 1.1.2015: Änderungen im Strafprozessrecht

Mit BGBl I 71/2014 wurde das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014 kundgemacht. Im Folgenden wird ein Überblick über die wesentlichsten Änderungen gegeben, die mit 1.1.2015 in Kraft treten werden: 

(Wieder-)Einführung des Mandatsverfahrens: 

§ 491 StPO idF BGBl I 71/2014 sieht vor, dass im Verfahren vor dem BG und vor dem LG als Einzelrichter das Gericht auf Antrag der StA künftig die Strafe durch schriftliche Strafverfügung ohne vorausgehende Hauptverhandlung festsetzen kann. Jedoch darf mit Strafverfügung nur eine Geldstrafe oder – soweit der Angeklagte durch einen Verteidiger vertreten ist – eine ein Jahr nicht übersteigende, gem § 43 Abs 1 StGB bedingt nachzusehende Freiheitsstrafe verhängt werden. Zudem müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein (Details siehe § 491 Abs 1 StPO idF BGBl I 71/2014). Die StA, der Angeklagte und das Opfer können binnen vier Wochen ab Zustellung schriftlich gegen eine Strafverfügung Einspruch erheben. Ist der Einspruch zulässig, wird die Hauptverhandlung angeordnet.

Änderungen hinsichtlich des Sachverständigenbeweises: 

Im Ermittlungsverfahren hat der Beschuldigte § 126 Abs 5 StPO idF BGBl I 71/2014 zufolge in Hinkunft das Recht, binnen 14 Tagen ab Zustellung, Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder Vorliegen begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen. Er kann auch die Bestellung im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme verlangen und eine andere Person vorschlagen. Zudem kann der Angeklagte der Gegenäußerung zur Anklageschrift eine Stellungnahme samt Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrags anschließen, sofern sich die Anklageschrift auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen stützt (§ 222 Abs 3 StPO idF BGBl I 71/2014). 

Außerdem kann der Angeklagte zur Befragung des Sachverständigen – so wie bisher – eine Person mit besonderem Fachwissen („Privatgutachter“) beiziehen, diese darf – so wie bisher – den Verteidiger bei der Fragestellung unterstützen,  künftig aber selbst Fragen zu Befund und Gutachten an den Sachverständigen richten (§ 249 Abs 3 StPO idF BGBl I 71/2014). 

Zweiter Berufsrichter in ausgewählten Schöffenverfahren: 

§ 32 Abs 1 StPO idF BGBl I 71/2014 regelt, dass das LG als Schöffengericht grundsätzlich aus einem Richter und zwei Schöffen besteht. In den Fällen des (neu eingefügten) Abs 1a besteht das Schöffengericht künftig jedoch aus zwei Richtern und zwei Schöffen. Dabei handelt es sich ua um Fälle von Totschlag, schwerem Raub, Brandstiftung und Vergewaltigung.

Erhöhung des Verteidigungskostenersatzes nach § 393a StPO idF BGBl I 71/2014:

Die maximal zu gewährenden Pauschalbeiträge des Bundes zu den Verteidigungskosten, die dem Angeklagten auf Antrag unter gewissen Voraussetzungen (Freispruch, Einstellung des Verfahrens) zugesprochen werden können, werden ab 1.1.2015 erhöht. So bekommt der Angeklagte im Verfahren vor dem LG als Geschworenengericht künftig bis zu € 10.000, im Verfahren vor dem LG als Schöffengericht bis zu € 5.000, im Verfahren vor dem Einzelrichter des LG bis zu € 3.000 und im Verfahren vor dem BG bis zu € 1.000 ersetzt.

Weiters wird in § 48 Abs 1 Z 1 und 2 StPO idF BGBl I 71/2014 eine Abgrenzung zwischen den Begriffen „Beschuldigter“ und „Verdächtiger“ eingeführt und die Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens in § 108a StPO idF BGBl I 71/2014 mit grundsätzlich drei Jahren begrenzt (diese Frist kann jedoch unter gewissen Voraussetzungen verlängert werden).


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1 Zu den Kritikpunkten des ÖRAK zum Ministerialentwurf siehe die Stellungnahme vom 23.5.2014. 

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