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Anwaltstag 2005: Ergebnisse der Arbeitskreise „Gruppenklage“ und „Juristenausbildung“

Der Anwaltstag 2005, ausgerichtet vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und der Tiroler Rechtsanwaltskammer, fand am 6. und 7. Oktober in Innsbruck statt. Teilnehmer waren neben zahlreichen Rechtsanwälten die Spitzenvertreter des österreichischen Rechtslebens. Dieses Jahr wurden die Themen „Gruppenklage“ und „Ausbildung“ erörtert.

Die Ergebnisse:

Gruppenklagen wider wirtschaftliche Vernunft?
Es besteht Handlungsbedarf: Übereinstimmend haben die Diskussionsteilnehmer festgestellt, dass das bestehende Instrumentarium der ZPO (Zivilprozessordnung) für Massenverfahren angepasst werden muss, hierbei aber schonend, behutsam und systemkonform vorgegangen werden muss. „Ein neues Verfahren wird mehrheitlich für nicht notwendig gehalten, es wären die von der ZPO bereits gegebenen Möglichkeiten der Verbindung von Verfahren zu erweitern und auszubauen. Wir brauchen keine neue Gruppenklage sondern eine gezielte Erweiterung der bereits bestehenden Instrumente der ZPO.“ sagt RA Dr. Elisabeth SCHEUBA, die ÖRAK-Expertin für Zivilverfahren.

Die Arbeitsgruppe „Juristenausbildung“ beim österreichischen Anwaltstag 2005 hat sich zunächst mit den Mängeln der derzeitigen Studiencurricula sowie den Anforderungen im Rahmen eines geänderten wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Umfeldes befasst. Univ.-Prof. Dr. Stefan GRILLER (WU Wien) hat das Studium „Wirtschaftsrecht“ vorgestellt, das ab dem WS 2006 eingeführt wird und die Grundstrukturen erläutert. Dekan Dr. Gustav WACHTER (Universität Innsbruck) hat berichtet, dass auf der Uni Innsbruck bereits jetzt ein paralleles Studienprogramm besteht, nämlich ein auf dem bisherigen Diplomstudium basierendes Jusstudium und ein Kombinationsstudium Recht und Wirtschaft, das nach dem Bologna-Modell aufgebaut und nicht für die juristischen Kernberufe geeignet. Univ.-Prof. DDr. Heinz MAYER (Juridicum Wien) hat auf verschiedene Mängel der bisherigen Studienarchitektur verwiesen und in weiterer Folge die Grundstrukturen für eine Neuordnung des juristischen Studiums vorgestellt.

Im Zuge der sehr intensiven und angeregten Diskussion haben sich folgende Grundpositionen herauskristallisiert:

• Das Jusstudium muss den Absolventen eine umfassende Grundausbildung vermitteln, die sie befähigt, in allen juristisch ausgerichteten Berufen eingesetzt werden zu können.
• Das Jusstudium muss so gestaltet sein, dass Juristen auch dem gesellschaftspolitischen Auftrag im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaates gerecht werden können. Dies setzt voraus, dass neben den Kerngebieten auch eine Werteordnung vermittelt wird, zu der auf Grund der europäischen Dimensionen auch Sprachkompetenz sowie Wirtschaftskompetenz zählen.
• Das Jusstudium soll rechtshistorische Fächer nur mehr in jenem Umfang beinhalten, die zur Vermittlung dieser Kompetenzen notwendig sind.
• Das Jusstudium bedarf einer Neuordnung des Prüfungswesens, insbesondere durch verstärkten Einsatz prüfungsimmanenter Lehrveranstaltungen und fachübergreifender kommissioneller Prüfungen.
• Eine juristische Zweiklassengesellschaft, die durch ein 3-jähriges Bakkalaureat und 2-jähriges Magisterstudium erzeugt wird, würde kurz- und mittelfristig zu Fehlentwicklungen am Berufsmarkt führen und ist daher abzulehnen.
• Eine frühzeitige Spezialisierung engt die Berufsaussichten der Absolventen ein.
• Das Jusstudium muss jenen Zeitrahmen aufweisen, der notwendig ist, um die vorher genannten Grundanforderungen erfüllen zu können; dafür ist nach Ansicht des ÖRAK ein Zeitrahmen von 4 Jahren notwendig und ausreichend.

In Österreich gibt es 4900 Rechtsanwälte, rund vierzehn Prozent davon sind Frauen. Rechtsanwälte sind bestausgebildete und unabhängige Rechtsvertreter und -berater, die nur ihren Klienten verpflichtet und verantwortlich sind. Primäre Aufgabe ist der Schutz, die Verteidigung und die Durchsetzung der Rechte Einzelner. Dritten gegenüber sind Rechtsanwälte zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, womit auch eine völlige Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet wird. Vertreten werden die Rechtsanwälte durch die Rechtsanwaltskammern in den Bundesländern sowie durch den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, ÖRAK, mit Sitz in Wien.

 

Rückfragenhinweis:
ÖRAK, Julia Bisanz, Tel.: 01 / 5351275-15; Elisabeth Sandbichler, TRAK,
Tel.: 0512 / 587670

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