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Die Interessen der Bürger im Rechtsstaat wahrnehmen

33. Wahrnehmungsbericht der österreichischen Rechtsanwaltschaft

Dem gesetzlichen Auftrag folgend legt der Österreichische Rechtsanwaltskammertag heuer den 33. Wahrnehmungsbericht vor. Zum wiederholten Male wurde festgestellt, dass es auf Grund des Personalmangels zu massiven Erledigungsverzögerungen kommt. Probleme gibt es insbesondere bei Urteils- und Protokollausfertigungen, deren Erstellung und Zustellung teilweise bis zu einem halben Jahr in Anspruch nehmen.

Auf europäischer Ebene wird nach wie vor dem Grundrechtsschutz und dem Justizbereich zu wenig Stellenwert eingeräumt. Ein funktionierendes Justizsystem und Rechtssicherheit sind Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft. Verschiedene gesetzgeberische Beschlüsse und Vorhaben der Europäischen Union im Bereich der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung, deren Erlass der Österreichische Rechtsanwaltskammertag schon in der Vergangenheit als zu einseitig kritisiert hat, bestehen weiterhin fort und werden nur zögernd bis gar nicht durch Maßnahmen zur Stärkung der Verteidigungsrechte kompensiert. Nicht nur die Verschwiegenheit und Unabhängigkeit des Rechtsanwalts werden immer häufiger ausgehöhlt, sondern auch die Rolle des Rechtsanwalts im Rechtsstaat wird durch die Europäische Kommission systematisch in Frage gestellt.

Auf welcher Rechtsgrundlage die Europäische Kommission in die Reglementierung des Rechtsanwaltsberufs eingreift, bleibt ungeklärt. Kompetenzüberschreitungen finden auch anderswo statt. So soll etwa die Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen über Fälle mit grenzüberschreitendem Bezug hinaus auf Fälle mit reinem Inlandsbezug anwendbar sein. Die Vorhaben der Europäischen Kommission im Grünbuch Erb- und Testamentrecht, sowie im Verordnungsvorschlag zur Zuständigkeit in Ehesachen, überschreiten nach Ansicht des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages die Grenzen der justiziellen Zusammenarbeit. Mit diesen Vorhaben soll über den Umweg von vereinheitlichten Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten in das materielle Erb- bzw Scheidungsrecht jedes einzelnen Mitgliedstaats, wie auch in dessen Verfahrensrecht eingegriffen werden. Derartige Kompetenzüberschreitungen der Europäischen Kommission laufen ihren eigenen Bemühungen im Hinblick auf eine bessere Rechtsetzung - "Better Regulation" - entgegen.

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag fordert daher ein eigenes Justizressort, das die rechtsstaatlichen Garantien auf hohem Niveau fördert und überwacht. Bei Materien, die von anderen Generaldirektionen federführend verhandelt werden, wäre außerdem sicherzustellen, dass die für Justizangelegenheiten verantwortlichen Dienststellen in jeder Phase des Rechtssetzungsverfahrens eingebunden werden.

Vermehrt berichtet wurde, dass die Gerichte den ausgewiesenen Privatbeteiligtenvertreter nicht dem Verfahren beiziehen bzw nicht über den Fortgang des Verfahrens informieren. Dies hat zur Folge, dass dem Privatbeteiligten die Möglichkeit genommen wird, dass über seine Ansprüche bereits im Strafverfahren entschieden wird. Er muss daher den Zivilrechtsweg bestreiten, was zu einem zusätzlichen Aufwand und Zeitverlust führt.

Weiters wird im Wahrnehmungsbericht des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags angeregt, eine Querabfrage zwischen den einzelnen Abteilungen der Gerichte vorzusehen, da es ansonsten vorkommen kann, dass es bei ein und demselben Gericht zur Erlassung von Zahlungsbefehlen kommt, obwohl beim selben Gericht bereits ein Insolvenzverfahren abgewickelt wird. Bei dieser Gelegenheit wird auch darauf hingewiesen, dass der Rechtsanwalt die Interessen der Gläubiger beim Vollzug der Exekution nicht bestmöglich wahrnehmen kann, wenn er von der geplanten Exekution nicht verständigt wird.

Der Wahrnehmungsbericht wird heute dem Justizministerium und anderen relevanten Stellen übermittelt und steht ab sofort unter www.rechtsanwaelte.at zur Verfügung. (Rubrik Presse/Stellungnahmen/Anwaltsblatt – Stellungnahmen)

 

In Österreich gibt es 5000 Rechtsanwälte, rund fünfzehn Prozent davon sind Frauen. Rechtsanwälte sind bestausgebildete und unabhängige Rechtsvertreter und -berater, die nur ihren Klienten verpflichtet und verantwortlich sind. Primäre Aufgabe ist der Schutz, die Verteidigung und die Durchsetzung der Rechte Einzelner. Dritten gegenüber sind Rechtsanwälte zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, womit auch eine völlige Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet wird. Vertreten werden die Rechtsanwälte durch die Rechtsanwaltskammern in den Bundesländern sowie durch den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, ÖRAK, mit Sitz in Wien.

Rückfragenhinweis:
ÖRAK, Öffentlichkeitsarbeit, Julia Bisanz, Tel. 01 / 535 12 75- 15

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