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ÖRAK: Erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die geplante Novellierung des Wettbewerbsrechtes

Die österreichischen Rechtsanwälte sprechen sich strikt gegen überhastete und nicht zu Ende gedachte Gesetzesvorhaben aus.

Zum wiederholten Male innerhalb weniger Jahre wird mit dem geplanten Wettbewerbsreorganisationsgesetz 2008 und dem Wettbewerbsgesetz 2008 der Versuch unternommen die Vollziehung des Wettbewerbsrechtes zu verbessern.
Die Auswirkungen und Erfahrungen der jüngsten Novellen in diesem Rechtsbereich bleiben jedoch leider wieder ungeprüft und so entsteht der Eindruck, dass die angestrebten Effekte bisher nicht erreicht worden sind. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag mahnt daher in seiner von Univ. Prof. Dr. Michael Enzinger vorbereiteten Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf zu mehr strukturierter Vorbereitung bei wichtigen Gesetzesprojekten.
Der Präsident des ÖRAK, Dr. Gerhard Benn-Ibler, findet deutliche Worte zur Vorgangsweise des BMWA: „Eine fundierte Evaluierung der letzten legistischen Maßnahmen wäre der ständigen Reparaturarbeit des Gesetzgebers grundsätzlich vorzuziehen. Erst nach einer solchen Bestandsaufnahme scheinen Reformüberlegungen überhaupt sinnvoll.“ „Auf der ständigen Suche nach vermeintlicher Effizienzsteigerung der Ermittlungsbehörden bewegt sich der Entwurf in rechtspolitisch und verfassungsrechtlich bedenkliches Fahrwasser“, kritisiert Benn-Ibler den Entwurf aber auch inhaltlich hart.
Die als Ziel formulierte Abschaffung des Bundeskartellanwaltes würde in eine neue Doppelgleisigkeit zwischen Bundeswettbewerbsbehörde und den ordentlichen Gerichten münden. Hier käme es zu einem Verstoß gegen ein Grundprinzip der Bundesverfassung – der vollständigen Trennung von Gerichten und Verwaltungsbehörden in allen Instanzen und zudem zu einer unzulässigen Vermengung zweier völlig unterschiedlicher Verfahrensordnungen für ein und dieselbe Rechtssache. Neben den schweren rechtsstaatlichen Bedenken gegen eine solche Maßnahme würden damit auch Verzögerungen und Kompetenzprobleme nahezu heraufbeschworen.
Letztlich sei es sogar unter Einbeziehung aller Argumente des Entwurfes unmöglich, die Funktion des Bundeskartellanwaltes für obsolet zu erklären, da dieser auch die ihm übertragenen Aufgaben vor dem Kartellobergericht wahrzunehmen hat, welches nach Vorstellung des Entwurfes zumindest als Rechtsmittelinstanz bestehen bleiben soll.
Zum Vorschlag der Bundeswettbewerbsbehörde Entscheidungsbefugnisse zu übertragen, resümiert Benn-Ibler: „Der Rechtsschutz der von den Ermittlungen Betroffenen ist ein mindestens ebenso hohes Rechtsgut wie der Schutz des Wettbewerbs und seiner Institutionen.“ „Ich sehe in diesem Entwurf viele ungelöste Probleme und nicht die Notwendigkeit, eine so wichtige Gesetzesmaterie mit Schnellschüssen zu novellieren. Mir liegt daran, den Rechtsstaat, seine Bürgerinnen und Bürger und alle Wirtschaftstreibenden zu schützen und zu unterstützen, und das kann man nur mit Sorgfalt und Bedacht“, so Benn-Ibler abschließend.

 

In Österreich gibt es 5300 Rechtsanwälte, rund sechzehn Prozent davon sind Frauen. Rechtsanwälte sind bestausgebildete und unabhängige Rechtsvertreter und -berater, die nur ihren Klienten verpflichtet und verantwortlich sind. Primäre Aufgabe ist der Schutz, die Verteidigung und die Durchsetzung der Rechte Einzelner. Dritten gegenüber sind Rechtsanwälte zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, womit auch eine völlige Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet wird. Vertreten werden die Rechtsanwälte durch die Rechtsanwaltskammern in den Bundesländern sowie durch den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, ÖRAK, mit Sitz in Wien.

Rückfragehinweis:
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag,
Bernhard Hruschka Bakk., Tel.: 01/535 12 75-15,
hruschka@oerak.at, www.rechtsanwaelte.at

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