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Rechtsanwälte verschärfen Kritik an Finanzprokuraturgesetz

Benn-Ibler: „Die geplanten Maßnahmen entpuppen sich bei genauem Hinsehen als budgetpolitische Mogelpackung.“

In Anlehnung an die bereits vor zwei Wochen veröffentlichte Stellungnahme zum vorgelegten Gesetzesentwurf, übt der Österreichische Rechtsanwaltskammertag weiter heftige Kritik an der geplanten Kompetenzerweiterung der Finanzprokuratur. Neben der an sich schon problematischen Ausweitung des Tätigkeitsbereiches dieser gänzlich dem Finanzministerium eingegliederten Bundeseinrichtung auf Länder, Gemeinden sowie alle anderen Körperschaften öffentlichen Rechts und im Einfluss des Bundes befindliche Rechtsträger, steht ein weiterer, schwerwiegender Eingriff im Kreuzfeuer der Kritik: Eine dramatische Erweiterung der Vertretungs- und Beratungsbefugnis, durch die der Wettbewerb rechtsberatender Berufe am freien Markt massiv beeinflusst wird.

Die Einführung einer obligatorischen Beratungsfunktion neben der bisher schon bestehenden Vertretung soll den Bund dazu verpflichten, sich in Zukunft ausschließlich von der Finanzprokuratur beraten zu lassen. „Ein Vorhaben, das allein schon aufgrund der fehlenden Unabhängigkeit der behördlichen Berater zum Scheitern verurteilt ist“, meint Dr. Gerhard Benn-Ibler, der im „beamteten Berater“ keine gleichwertige Alternative zum unabhängigen Rechtsanwalt sieht. „Interessenskonflikte sind hier vorprogrammiert“, so Benn-Ibler, der auch auf die Kritik der Bundeswettbewerbsbehörde verweist, wonach bei diffizilen Sachverhalten die Beiziehung von hochspezialisierten Freiberuflern unabdingbar ist.

Als Vorwand für diesen aus rechtlicher Sicht unzulässigen Eingriff muss ein weiteres Mal das Schlagwort „Budgetentlastung“ herhalten. „Ein Deckmantel, der sich bei genauerer Betrachtung in Luft auflöst“, analysiert Benn-Ibler, „übrig bleibt ein staatliches Nullsummenspiel. So wird etwa der gewaltige personelle und bürokratische Mehraufwand als logische Folge einer solchen Ausweitung völlig außer Acht gelassen“, bringt der ÖRAK-Präsident die Fehleinschätzung auf den Punkt. Eine klassische Milchmädchenrechnung.

In Zusammenhang mit der Ausweitung des Tätigkeitsbereiches sorgt auch das Problem der zwangsläufig auftretenden Interessenskollisionen im Zuge der rechtlichen Vertretung und Beratung von Bund, Ländern und Gemeinden für Kopfschütteln. Auch das Justizministerium verweist in seiner Kritik am Gesetzesentwurf auf diesen Umstand. „Gerade die Kollisions-Problematik kann nur bei einer möglichst starken Reduzierung des fakultativen Tätigkeitsbereiches der Finanzprokuratur vermieden werden“, zeigt Benn-Ibler die Widersprüchlichkeit des vorgelegten Entwurfs auf. „Aus all diesen Gründen lehnen wir die geplanten Änderungen entschieden ab“, fasst Benn-Ibler den Standpunkt der österreichischen Rechtsanwaltschaft zusammen.

 

Rückfragehinweis:
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag,
Bernhard Hruschka Bakk.,
Tel.: 01/535 12 75-15,
hruschka@oerak.at,
www.rechtsanwaelte.at

 

In Österreich gibt es 5200 Rechtsanwälte, rund sechzehn Prozent davon sind Frauen. Rechtsanwälte sind bestausgebildete und unabhängige Rechtsvertreter und -berater, die nur ihren Klienten verpflichtet und verantwortlich sind. Primäre Aufgabe ist der Schutz, die Verteidigung und die Durchsetzung der Rechte Einzelner. Dritten gegenüber sind Rechtsanwälte zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet, womit auch eine völlige Unabhängigkeit vom Staat gewährleistet wird. Vertreten werden die Rechtsanwälte durch die Rechtsanwaltskammern in den Bundesländern sowie durch den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag, ÖRAK, mit Sitz in Wien.

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