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Rechtsanwaltschaft fordert behutsames Vorgehen bei Reform der Geschworenengerichtsbarkeit

Benn-Ibler: „Eine Beteiligung von Berufsrichtern am Wahrspruch macht die Geschworenengerichtsbarkeit obsolet.“

Im Zuge der längst fälligen und auch im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehenen Reform der Geschworenengerichtsbarkeit wird ein rechtsstaatlich sinnvolles und praktikables Modell erst nach eingehenden Überlegungen entwickelt werden können. „Schnellschüsse sind angesichts der weit reichenden Folgen nicht angebracht“, so Dr. Gerhard Benn-Ibler, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK). „Es ist aber erfreulich, dass sich die unbedingte Notwendigkeit einer solchen Reform inzwischen nicht nur in Absichtserklärungen manifestiert, sondern von der neuen Justizministerin auch tatsächlich ernsthaft erkannt und aufgegriffen wurde“, so Benn-Ibler, der eine breite Diskussion auf Expertenebene als maßgeblichen Qualitätsaspekt für das Zustandekommen einer tatsächlichen Verbesserung ansieht. Ziel der Reform muss es sein, ein Modell zu entwickeln, in dem der bislang unbegründete Wahrspruch der Laienrichter mit einer Begründungspflicht verknüpft, und somit anfechtbar wird. „Aus welchen Erwägungen die Geschworenen zu einem Schuld- bzw Freispruch gekommen sind, bleibt derzeit noch völlig unklar“, erläutert Benn-Ibler, „es sollte daher versucht werden, mehr Struktur in den Wahrspruch hineinzubringen“.

Dem Vorschlag, wonach in Zukunft Berufsrichter bei der Entscheidung der Geschworenen maßgeblich mitwirken sollten, kann der ÖRAK-Präsident nichts abgewinnen. Im Gegenteil. „Die Mitentscheidung von Berufsrichtern würde die Geschworenengerichtsbarkeit obsolet machen“, findet Benn-Ibler klare Worte. „Die Berufsrichter würden die Geschworenen kraft ihrer Richterstellung so sehr beeinflussen, dass diese ihre Entscheidung nicht mehr unbefangen treffen könnten“, beschreibt Benn-Ibler die Folgen eines solchen Modells. „Dies wäre ein schmerzlicher Rückschritt in der Entwicklung unserer Rechtsordnung“, warnt der ÖRAK-Präsident, der in diesem Vorschlag eine Parallele zur Schöffengerichtsbarkeit ortet. „Das grundsätzliche Konzept der unbeeinflussten Laienbeteiligung muss unbedingt aufrechterhalten werden.“

„Im Übrigen wäre es notwendig zu prüfen, wie die Geschworenengerichtsbarkeit im europäischen Ausland geregelt ist, um dadurch wertvolle Anregungen für eine notwendige Reform zu gewinnen“, ergänzt Benn-Ibler. „Die Rechtsanwaltschaft ist jedenfalls gerne bereit, am Prozess der Modellentwicklung gestalterisch mitzuhelfen. Ziel aller Beteiligten muss es sein, die österreichische Geschworenengerichtsbarkeit durch Einführung einer Begründungspflicht auf rechtsstaatlich höchst mögliches Niveau zu hieven“, so Benn-Ibler abschließend.

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