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Veranstaltung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages und des Ludwig Boltzmann Instituts für Gesetzgebungspraxis und Rechtsanwendung zur Reform des Schadenersatzrechts

Seit der Vorlage des „Entwurfs eines neuen österreichischen Schadenersatzrechts“ im Juni 2005, werden Reform und Reformbedarf dieses für die Praxis so bedeutenden Rechtsgebietes heftig diskutiert. Um die von mehreren Seiten angeregte Auseinandersetzung mit dem Entwurf zu fördern, wurde von o. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Reischauer, Universität Linz, o. Univ.-Prof. Dr. Karl Spielbüchler, ebenfalls Universität Linz und Mitglied des VfGH und o. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Welser, Universität Wien, ein Arbeitskreis ins Leben gerufen, der sich in Zusammenarbeit mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Gesetzgebungspraxis und Rechtsanwendung zum Ziel gesetzt hat, den Entwurf kritisch zu untersuchen und Alternativvorschläge zu erstatten.

Das Ludwig Boltzmann Institut für Gesetzgebungspraxis und Rechtsanwendung und der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) präsentierten im Rahmen einer Veranstaltung am 21. November 2006 zum Thema „Der Rechtsanwalt und die Reform des Schadenersatzrechts“ die ersten Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe.

Die Referate im Überblick:
o. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Reischauer, Universität Linz, unterzog den vorgelegten Entwurf in seinem Einleitungsreferat „Risiken einer Reform“ einer kritischen Würdigung: Der Entwurf zeichne sich durch Unbestimmtheit, Unklarheit sowie Beliebigkeit aus und sei optimal geeignet, Rechtsunsicherheit zu erzeugen. Soweit eine Reform nötig sei, seien solide Wege zu beschreiten. Der Reformbedarf sei empirisch mit Hilfe der Betroffenen zu ermitteln. Der Gesetzgeber soll klare Entscheidungen treffen.

o. Univ. Prof. Dr. Friedrich Harrer, Universität Salzburg, Rechtsanwalt, referierte zum Thema „Auskunft, Vertrauen und Haftung“: Der Ersatz des so genannten bloßen Vermögensschadens sei eines der zentralen Themen des Zivilrechts. Der Entwurf greife weit reichend in die lex lata ein. Das Vertrauen werde der vertraglichen Bindung gleichgestellt. Es sei dies eine der grundsätzlichen Fehlentscheidungen des Reformentwurfes. Der Außenstehende habe den Eindruck, dass der Vermögensschaden nicht hinreichend diskutiert und vorbereitet wurde. Die bislang zur Verfügung stehenden Materialien böten dazu wenig. Die unvermeidbare Folge wäre, wollte man die Reformvorschläge verwirklichen, eine Rechtsunsicherheit, die weit über die Probleme, die die derzeitige Rechtslage bietet, hinausgeht.

Hon.-Prof. Dr. Matthias Neumayr, Hofrat des Obersten Gerichtshofs, sprach zum Thema „Unternehmerhaftung oder Gehilfenhaftung“. Der Wunsch nach einer Klarstellung, allenfalls maßvoller Erweiterung der Gehilfenhaftung stehe bei Diskussionen zur Reform des Schadenersatzrechts an einer der ersten Stellen. Es überrasche daher, dass nach dem von der Arbeitsgruppe präsentierten Vorschlag eine Haftung des Unternehmers weiterhin nur in engen Schranken eingreifen soll. Allerdings sehe der Entwurf daneben eine weit reichende Unternehmerhaftung vor, die auch die Mitarbeiter als mögliche „Mängel des Unternehmens“ einbezieht. Da die Grenzen einer solchen Haftung völlig unscharf seien, könne erst nach Jahren wiederum eine gewisse Rechtssicherheit durch die Judikatur erwartet werden. Sinnvoller als die vorgeschlagene allgemeine Regelung erscheine eine gesetzliche Verdeutlichung, wann der Unternehmer für Besorgungsgehilfen einstehen muss.

Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner, Universität Linz, referierte zum Thema „Dienstnehmerhaftung: Von der Billigkeit zur Willkür?“. Dass sich durch den Entwurf alle Zurechnungselemente, also nicht nur die Rechtswidrigkeit, sondern auch Schaden, Kausalität und Verschulden auflösen, sie „zerbröseln“ würden, zeige sich sehr deutlich gerade bei der Dienstnehmerhaftung. Die vom Entwurf vorgesehene allgemeine Reduktionsklausel (unter Einbeziehung der konkreten Vermögens- und Versicherungsverhältnisse) lasse jeglicher Entscheidungswillkür freien Lauf. Sowohl Außenhaftung des Dienstgebers wie auch jene des Dienstnehmers könnten maßgeblich erweitert werden. Schließlich wäre durch die Regelung der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte sogar das Marktgeschehen empfindlich gestört.

 

Buchpräsentation:
Im Anschluss an die Vorträge wurden zwei Bücher präsentiert, die im Rahmen des Arbeitskreises in der Schriftenreihe des Ludwig Boltzmann Instituts für Gesetzgebungspraxis und Rechtsanwendung erschienen sind.

Martin Schmidt-Kessel
Reform des Schadenersatzrechts Band I: Europäische Vorgaben und Vorbilder

Band I befasst sich mit der europäischen Perspektive des Schadenersatzrechts. Dabei gilt es zum einen, die bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Schadenersatzrechts herauszuarbeiten, weil auch das neue österreichische Schadenersatzrecht selbstverständlich dem europäischen Primär- und Sekundärrecht entsprechen muss. Zum anderen empfiehlt es sich aber auch, die Prinzipien eines harmonisierten europäischen Schadenersatzrechts zu berücksichtigen, die derzeit von verschiedenen Gruppen auf internationaler Ebene erarbeitet werden. Derzeit liegen mit den Principles of European Tort Law der European Group on Tort Law und den Principles of European Law der Study Group on a European Civil Code gleich zwei verschiedene Entwürfe internationaler Arbeitsgruppen vor, die zum Teil recht unterschiedliche Grundprinzipien eines harmonisierten europäischen Schadenersatzrechts aufzeigen. Da beide Prinzipienkataloge ein Angebot an den nationalen Gesetzgeber enthalten, wie das jeweilige nationale Haftungsrecht reformiert werden könnte, inhaltlich aber von einander abweichen, wurden die verschiedenen Prinzipienkataloge von o. Univ.-Prof. Dr. Martin Schmidt-Kessel, Universität Osnabrück, im Auftrag des Ludwig Boltzmann Instituts für Gesetzgebungspraxis und Rechtsanwendung einem Vergleich unterzogen.

Reischauer/Spielbüchler/Welser (Hrsg)
Reform des Schadenersatzrechts Band II: Zum Entwurf einer Arbeitsgruppe

Band II befasst sich mit dem vorgelegten Gesetzesentwurf selbst und unterzieht ihn einer kritischen Würdigung. Der Band wird von den Initiatoren des Arbeitskreises herausgegeben und enthält Beiträge seiner Mitglieder (Welser, Reischauer, Spielbüchler, Huber, Kerschner, Harrer, Neumayr, Fischer-Czermak, Jud), die das Ergebnis der umfassenden Diskussionen sind, die in mehreren Sitzungen des Arbeitskreises geführt wurden. Der Band schließt mit einem Beitrag von Dr. Siegfried Grigg, Generaldirektorstellvertreter bei der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG und Vorsitzender der Sektion für Haftpflicht- und Luftfahrtversicherung im Verband der Versicherungsunternehmen Österreich, und Mag. Berthold Troiß, Assistent des Vorstandes bei der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG, der den Standpunkt der Versicherungswirtschaft zum vorgelegten Entwurf zeigt.

Behandelt werden wichtige Fragen wie:

• Braucht Österreich ein neues Schadenersatzrecht?
• Dankt der Gesetzgeber ab?
• Soll sich die Haftung hauptsächlich nach der Billigkeit richten?
• Wie soll die Gehilfenhaftung reformiert werden?
• Soll eine allgemeine Gefährdungshaftung eingeführt werden?
• Sollen EKHG und PHG in das ABGB integriert werden?
• Was meint die Versicherungswirtschaft zur Reform?

Presserückfragen und Interviewanfragen:
Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Julia Bisanz
Tel.: 01/5351275-15, bisanz@oerak.at, www.rechtsanwaelte.at

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