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3., 4. und 5. COVID-19-Gesetz

Am 2. April 2020 haben die Regierungsparteien drei umfangreiche Gesetzespakete, das 3. COVID-19-Gesetz, das 4. COVID-19-Gesetz und das 5. COVID-19-Gesetz, im Parlament eingebracht, die insgesamt 92 Artikel umfassen. Diese Gesetze wurden am 2. April 2020 im Budgetausschuss behandelt und am 3. April 2020 im Nationalrat sowie am 4. April 2020 im Bundesrat beschlossen. Die Kundmachungen im Bundesgesetzblatt erfolgten ebenfalls bereits am 4. April 2020: BGBl. I Nr. 23/2020, BGBl. I Nr. 24/2020, BGBl. I Nr. 25/2020

Im Folgenden haben wir einige wichtige Neuerungen für Sie zusammengefasst. Bitte beachten Sie die jeweiligen Inkrafttretens-Bestimmungen und, dass die nachfolgende Zusammenfassung nur Teile der drei Gesetzespakete behandelt und ein genaues Studium der Gesetze nicht ersetzen kann.

 

3. COVID-19-Gesetz

BGBl. I Nr. 23/2020

 

Fristen der FMA (Artikel 1)

Der Finanzmarktaufsichtsbehörde wird das Recht eingeräumt, auf begründeten Antrag oder auch von Amts wegen durch Verordnung gewisse Fristen zu verlängern.
 

 

Wirtschaftliches Eigentümer Registergesetz (Artikel 3)

Im Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG)wird in § 18 WiEReG eine Übergangsbestimmung ergänzt, wonach ua die Fristen zur Meldung der Daten durch die Rechtsträger gemäß § 5 Abs 1 WiEReG sowie die Frist zur Androhung und Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 Abs 1 WiEReG jeweils unterbrochen werden, wenn die Fristen mit Ablauf des 16. März 2020 noch nicht abgelaufen waren oder der Beginn des Fristenlaufs in die Zeit von 16. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 fällt. Die genannten Fristen beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.
 

 

Härtefallfondsgesetz (Artikel 6)

Zum einen werden die Mittel, die dem Härtefallfonds aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds zur Verfügung gestellt werden, von 1 Mrd. Euro auf 2 Mrd. Euro aufgestockt. Darüber hinaus kann der Finanzminister im Einvernehmen mit dem Vizekanzler durch Verordnung die Mittel aus dem COVID-19 Krisenbewältigungsfonds anpassen.

Zum anderen wird klargestellt, dass auch Neue Selbständige in Härtefällen, die durch die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 verursacht wurden, unter dieses Sicherheitsnetz fallen.

Zum Adressatenkreis des Härtefallfonds gehören demnach

► Ein-Personen-Unternehmen (EPU) unter Einschluss Neuer
     Selbständiger und freier Dienstnehmer,
► Non-Profit-Organisationen sowie
► Kleinstunternehmer,

als natürliche Personen oder erwerbstätige Gesellschafter, die nach BSVG/GSVG/FSVG bzw. in Versicherungen entsprechender Einrichtungen der freien Berufe pflichtversichert sind.

Dadurch ist nunmehr gesetzlich klargestellt, dass auch die Angehörigen der freien Berufe anspruchsberechtigt sind.

Außerdem wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten auf Privatzimmervermieter von privaten Gästezimmern im eigenen Haushalt mit höchstens 10 Betten, die nicht der Gewerbeordnung 1994 unterliegen, erweitert. Mittels Abänderungsantrag wurde festgelegt, dass Zuwendungen aus dem Härtefallfonds bei der Ermittlung der Beitragsgrundlagen der Sozialversicherungen nicht heranzuziehen sind.
 

 

Mehr Mittel für Kurzarbeit (Artikel 7)

Durch eine Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes wird sichergestellt, dass ausreichend Mittel für das von vielen Unternehmen in Anspruch genommene COVID-Kurzarbeitsmodell zur Verfügung stehen. Die Bundesministerin für Familie, Arbeit und Jugend wird demnach ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Finanzminister den für heuer erforderlichen Betrag per Verordnung festzulegen, die Obergrenze von einer 1 Mrd. Euro entfällt.
 

 

Sonderbetreuungszeit für pflegebedürftige Angehörige (Artikel 8)

Die mit dem 1. COVID-19-Gesetz eingeführte Sonderbetreuungszeit für minderjährige Kinder soll auch dann mit dem Arbeitgeber vereinbart werden können, wenn im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung eine Betreuungskraft ausfällt oder die Betreuung von Menschen mit Behinderung notwendig ist und die bzw. der Beschäftigte die Pflege des bzw. der Angehörigen übernimmt. Der Staat übernimmt in diesem Fall ein Drittel der Lohnkosten. Gleichzeitig wird das Modell zeitlich befristet: Jede Form von Sonderbetreuungszeit kann demnach nur noch bis Ende Mai dieses Jahres in Anspruch genommen werden.
 

 

COVID-Bonuszahlungen bleiben bis 3.000 Euro steuerfrei (Artikel 11)

Ein Bonus oder einer Zulage, die Beschäftigten für ihren Einsatz während der Corona-Krise gewährt wird, soll bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei bleiben. Zudem ist vorgesehen, das Pendlerpauschale auch bei vorübergehendem Teleworking oder temporärer Kurzarbeit weiter zu gewähren. Ebenso sollen Ärzten und Ärztinnen, die ihre Praxis aufgegeben haben und während der COVID-19-Pandemie wieder berufstätig werden, keine steuerlichen Nachteile erleiden. Ausdrücklich klargestellt wird im Einkommensteuergesetz überdies, dass Zuwendungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds, dem Härtefallfonds und dem Corona-Krisenfonds sowie vergleichbare Zuwendungen der Länder, Gemeinden und gesetzlichen Interessenvertretungen, die zur Bewältigung der Corona-Krise geleistet werden, steuerfrei sind.
 

 

Gebühren (Artikel 12)

Neben Schriften und Amtshandlungen besteht nun auch für alle Rechtsgeschäfte, die zur Durchführung der Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der COVID-19-Krisensituation notwendig sind, Gebührenfreiheit.
 

 

Fristen in Finanzstrafverfahren (Artikel 13)

Im Finanzstrafgesetz wurden die Fristen erneut überarbeitet.

§ 265a Abs. 1 FinStrG sieht nun vor, dass der Lauf folgender Fristen jeweils unterbrochen wird:

► Einspruchsfrist (§ 145 Abs. 1)
► Rechtsmittelfrist (§ 150 Abs. 2)
► Frist zur Anmeldung einer Beschwerde (§ 150 Abs. 4)
► Frist zur Einbringung eines Antrages auf Wiederaufnahme des
     Verfahrens (§ 165 Abs. 4)
► Frist zur Stellung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den
     vorigen Stand (§ 167 Abs. 2)
► Frist auf Erhebung von Einwendungen zur Niederschrift
     (§ 56b Abs. 3)

Eine Unterbrechung des Fristenlaufs ist vorgesehen, wenn die Frist mit Ablauf des 16. März 2020 noch nicht abgelaufen war oder der Beginn des Fristenlaufs in die Zeit von 16. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 fällt. Die oben genannten Fristen beginnen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen.

Weitere Änderungen im Finanzstrafgesetz finden Sie in Artikel 13 des 3. COVID-19-Gesetzes.
 

 

Aufstockung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds (Artikel 29)

Im COVID-19-FondsG werden die Mittel von 4 Mrd. Euro auf 28 Mrd. Euro aufgestockt.

Darüber hinaus werden Maßnahmen zur Liquiditätsstabilisierung von Unternehmen als weiteres Handlungsfeld (demonstrative Aufzählung), wofür Mittel aus dem Fonds verwendet werden dürfen, festgelegt. Im Bericht des Budgetausschusses wird dazu erläuternd ausgeführt, dass die finanziellen Mittel des Fonds auch für Maßnahmen zur Liquiditätsstabilisierung von direkt oder indirekt betroffenen Unternehmen, wie beispielsweise Haftungsübernahmen, Garantien, Darlehensvergaben oder Zuschüsse zu Betriebskosten, verwendet werden können. Für die konkrete Durchführung dieser Stabilisierungsmaßnahmen kommen insbesondere die Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG) oder eine ihrer Tochtergesellschaften, die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), die Österreichische Kontrollbank (ÖKB) oder die AWS in Betracht.
 

 

Verschiebung der Finanz-Organisationsreform 2020 (Artikel 31 ff)

Die in BGBl. I Nr. 104/2019 vorgesehenen Änderungen der Bundesabgabenordnung (insb Einrichtung eines Finanzamtes Österreich, eines Finanzamtes für Großbetriebe und eines Amts für Betrugsbekämpfung) treten erst mit 1. Jänner 2021 in Kraft.
 

 

Vorübergehende Sonderregelungen für Arbeitsunfälle im Home-Office (Artikel 45 und 46)

Vorübergehende Sonderregelungen im ASVG und im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz sollen sicherstellen, dass Unfälle, die sich im Home-Office ereignen, als Arbeitsunfälle gelten, und zwar unabhängig davon, ob man zu Hause ein abgegrenztes Arbeitszimmer hat oder nicht.

Außerdem werden steuerfreie Zulagen und Bonuszahlungen (siehe Artikel 11) auch von der Beitragspflicht nach ASVG befreit und gelten daher nicht als Entgelt nach § 49 ASVG.
 

 

Freistellung von der Arbeitsleistung für Angehörige der COVID-19-Risikogruppe (Artikel 45 und 46)

Im ASVG und B-KUVG wurden neue Bestimmungen (§ 735 ASVG und § 258 B-KUVG) eingefügt, mit denen die Freistellung von Angehörigen der COVID-19-Risikogruppe von der Arbeitsleistung geregelt wird. So haben Dienstnehmer und Lehrlinge mit gravierenden Vorerkrankungen, die von ihrem Hausarzt ein entsprechendes Attest (COVID-19-Risiko-Attest) ausgestellt bekommen haben, Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung und Fortzahlung des Entgelts, außer der Betroffene kann seine Arbeitsleistung in der Wohnung erbringen (Home-Office) oder die Arbeitsstätte kann so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit dem Coronavirus mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist (dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen). Im Bereich der kritischen Infrastruktur – dazu gehören etwa auch der Pflegebereich und die Post – gelten allerdings Ausnahmen. Während der Freistellung erhalten betroffene Arbeitnehmer ihr normales Gehalt, der Arbeitgeber hat Anspruch auf Ersatz der Kosten durch den zuständigen Krankenversicherungsträger. Die Freistellung gilt vorläufig bis Ende April, kann aber von der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung bis längstens 31. Dezember 2020 verlängert werden, wenn die Krisensituation andauert.
 

 

Änderung des COVID-19-Maßnahmengesetzes (Artikel 50)

Das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 – COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I 12/2020 (zuletzt geändert durch BGBl. I 16/2020) wird mit dem 3. COVID-19-Gesetz ebenfalls geändert.

Die Bestimmungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes ermöglichten es bisher, das Betreten von bestimmten Betriebsstätten oder Arbeitsorten (§ 1) sowie das Betreten bestimmter Orte zu untersagen (§ 2). Nunmehr wurde im Gesetz festgehalten, dass per Verordnung Ausnahmen von Betretungsverboten an bestimmte Voraussetzungen oder Auflagen geknüpft werden können. 

Außerdem wurde die Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes überarbeitet. Im Gesetz findet sich in der Bestimmung des § 2a ein neuer Abs. 1a, wonach Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen mitzuwirken haben.

Die Mitwirkung erfolgt durch:

► Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende
     Verwaltungsübertretungen
► Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung eines
     Verwaltungsstrafverfahrens
► Ahndung von Verwaltungsübertretungen durch
     Organstrafverfügungen (§ 50 VStG)

Weitere Änderungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes finden Sie in Artikel 50 des 3. COVID-19-Gesetzes.
 

 

4. COVID-19 Gesetz

BGBl. I Nr. 24/2020

 

Fristen in Verwaltungsverfahren (Artikel 1)

Die zuletzt eingeführte Unterbrechung von Verfahrensfristen in Verwaltungsverfahren wird korrigiert. So wird die Unterbrechung von Verjährungsfristen wieder aus der Bestimmung des § 1 Abs. 1 gestrichen. Ergänzt wird, dass bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 2 AVG der 1. Mai 2020 als Tag gilt, an dem die Frist begonnen hat.

In § 1 Abs 1a wird klargestellt, dass einige Fristen nach dem Fremdenpolizeigesetz und dem BFA-Verfahrensgesetz keine Fristen im Sinne des § 1 Abs. 1 sind.

Zudem sind Hemmungen bestimmter Fristen vorgesehen. So sieht § 2 Abs. 1 vor, dass die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 nicht eingerechnet wird:

1. in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 AVG)
    zu stellen ist
2. in Entscheidungsfristen mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich
    festgelegten Höchstfristen
3. in Verjährungsfristen

(Hinweis: Im Anwendungsbereich der Z 2 verlängert sich die jeweilige Entscheidungsfrist um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst.)

In Abs. 2 wird die Frist für die Zahlung des Strafbetrages geregelt. Diese beträgt:

► bei in der Zeit vom 22. März bis zum Ablauf des 30. April 2020
     ausgefertigten Anonymverfügungen, abweichend von
     § 49a Abs. 6 VStG, sechs Wochen
► bei Organstrafverfügungen, wenn ein Beleg gemäß § 50 Abs. 2 VStG
     verwendet und dieser in der Zeit vom 22. März bis zum Ablauf des
     30. April 2020 am Tatort hinterlassen oder dem Beanstandeten
     übergeben wird, abweichend von § 50 Abs. 6 VStG, vier Wochen.

Weitere Änderungen finden Sie in Artikel 1 des 4. COVID-19-Gesetzes. Bitte beachten Sie, dass diese Änderungen rückwirkend mit 22. März 2020 in Kraft treten.
 

 

Änderungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Artikel 13)

Gemäß § 19 Abs. 1 NAG sind bestimmte Anträge grundsätzlich persönlich bei der Behörde zu stellen bzw. vom gesetzlichen Vertreter persönlich einzubringen.

Nach dem neuen Abs. 1a sind nun allerdings Verlängerungsanträge und Zweckänderungsanträge abweichend von Abs. 1 nicht persönlich, sondern postalisch oder auf elektronischem Wege bei der Behörde einzubringen, dies solange aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist.
 

 

Änderungen im Fremdenpolizeigesetz (Artikel 14)

Was die Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie die Gültigkeit von Visa anbelangt, wurden ebenfalls Neuregelungen geschaffen. Diese können Sie im Detail in Art 14 des 4. COVID-19-Gesetzes nachlesen.
 

 

Änderung des Kraftfahrgesetzes und des Führerscheingesetzes (Artikel 22, 23)

Die durch das Kraftfahrgesetz bzw. das Führerscheingesetz und darauf beruhende Verordnungen geregelten Dokumente, Urkunden, Nachweise und dergleichen (zB "Pickerl") mit zeitlich begrenzter Gültigkeit, die nach dem 13. März 2020 enden würde und die aufgrund der zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erlassenen beschränkenden Maßnahmen nicht verlängert werden kann, behalten bis längstens 31. Mai 2020 im Bundesgebiet ihre Gültigkeit. Diese Frist kann durch Verordnung der Verkehrsministerin bis 31. Dezember 2020 verlängert werden.
 

 

Klarstellung der Fristenberechnung im Zivilverfahren und Zustellungen durch die Gerichte (Artikel 32 Z 1 bis 4)

Der Gesetzgeber stellt im Interesse der Rechtssicherheit den Beginn der Fristenberechnung (der in der rechtlichen Diskussion strittig war) klar. Bei der Berechnung einer Frist nach § 125 Abs. 1 ZPO gilt der 1. Mai 2020 als Tag, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Bei der Berechnung einer Frist nach § 125 Abs. 2 ZPO gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist begonnen hat.

Die mit dem 2. COVID-19-Gesetz eingeführten Bestimmungen zur Einschränkung der Abfertigungen gerichtlicher Erledigungen werden aufgehoben. Stattdessen wird die Bundesministerin für Justiz ermächtigt, durch Verordnung für die Dauer von bestehenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit aufgrund von COVID-19 Anordnungen für Zustellungen durch die Gerichte zu treffen. Die Erläuterungen führen dazu aus, dass es einerseits nicht zu einem Rückstau bei den Zustellungen von Erledigungen durch die Gerichte kommen soll, andererseits es aber auch möglich sein soll, Ausnahmen von der allgemeinen Regel vorzusehen, wonach alle Zustellungen, unabhängig von ihrer Dringlichkeit und unabhängig von Einschränkungen des öffentlichen Lebens, vorzunehmen sind. Es soll möglich sein, Ausnahmen allgemein für bestimmte dringende oder nicht dringende Angelegenheiten oder für bestimmte Erledigungen vorzusehen oder zB nur für besondere Krisengebiete örtlich zu beschränken, sofern dies erforderlich ist.
 

 

Fristen in Strafverfahren (Artikel 32 Z 5 bis 9)

Geändert wird die Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Justiz (BGBl I 16/2020, II. Hauptstück, § 9).

In Z 3 werden hinsichtlich der Fristen einige Lücken geschlossen, auf die der ÖRAK aufmerksam gemacht hat. So kann nun von der Justizministerin angeordnet werden, dass folgende Fristen bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen werden und mit 1. Mai 2020 neu zu laufen beginnen:

„Fristen nach § 88 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 106 Abs. 3 und Abs. 5 letzter Satz, § 194 Abs. 2, § 195 Abs. 2, § 213 Abs. 2, § 276a, § 284 Abs. 1, § 285 Abs. 1 und Abs. 4, § 294 Abs. 1 und 2, § 357 Abs. 2, § 408 Abs. 1, § 409 Abs. 1, § 427 Abs. 3, § 430 Abs. 5, § 466 Abs. 1 und 2, § 467 Abs. 1 und Abs. 5, § 478 Abs. 1 und § 491 Abs. 6 StPO sowie sonstige von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht gesetzte Fristen.“

Achtung: Diese Unterbrechung gilt mit Ausnahme der in § 276a zweiter Satz StPO bezeichneten Frist nicht für Fristen in Verfahren, in welchen der Beschuldigte in Haft angehalten wird.

Die obigen Änderungen iZm den Fristen sollen mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Gesetzes in Kraft treten. In Verfahren, in welchen der Beschuldigte in Haft angehalten wird, beginnen Fristen, die auf Grund einer gemäß § 9 Z 3 oder § 10 erlassenen Verordnung unterbrochen waren, mit 14. April 2020 neu zu laufen.

Weitere Änderungen in Strafverfahren finden Sie im Detail in Art 32 Z 5 bis 9 des 4. COVID-19-Gesetzes.
 

 

Änderungen in der Insolvenzordnung (Artikel 33 und 37, III.-V. Hauptstück)

Damit Insolvenzverfahren zügig abgewickelt werden können, sollen Fristen in diesem Bereich nicht mehr unterbrochen werden können. Unterbrochene Fristen beginnen mit Inkrafttreten dieses Gesetzes neu zu laufen. Das Gericht kann verfahrensrechtliche Fristen in Insolvenzverfahren, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten oder des Insolvenzverwalters mit Beschluss angemessen, höchstens um 90 Tage, verlängern.

Bei einer im Zeitraum von 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2020 eingetretenen Überschuldung besteht keine Insolvenzantragspflicht des Schuldners (dieser Zeitraum wurde nach Intervention des ÖRAK auf 1. März 2020 erweitert). Außerdem entfällt während dieses Zeitraums die an die Überschuldung anknüpfende Haftung gemäß § 84 Abs. 3 Z 6 AktG. 

Zahlungsplanraten sollen mit Bedacht auf die aktuelle Situation geändert und Stundungen für höchstens neun Monate beantragt werden können.
 

 

Änderung der Notariatsordnung (Artikel 34)

Notariatsakte und notarielle Beglaubigungen können zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 auch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit vorgenommen werden. Diese Bestimmung ist bis 31. Dezember 2020 befristet.
 

 

Änderung des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes (Artikel 35)

Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 können Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung, eines Vereins, eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit, eines kleinen Versicherungsvereins oder einer Sparkasse nach Maßgabe einer Verordnung der BM für Justiz auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt und Beschlüsse auch auf andere Weise gefasst werden.

Außerdem werden von den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen abweichende Regelungen für Fristen und Termine von Versammlungen und Aufsichtsratssitzungen getroffen. Bitte beachten Sie die diesbezüglich in § 2 des Gesellschaftsrechtlichen COVID-19-Gesetzes neu eingefügten Abs. 2 bis 5.

Wenn es den gesetzlichen Vertretern einer Kapitalgesellschaft, dem Vorstand einer Genossenschaft oder dem Leitungsorgan eines Vereins infolge der COVID-19-Pandemie nicht möglich ist, die in § 222 Abs. 1 UGB, § 22 Abs. 2 GenG, § 21 Abs. 1 VerG oder § 22 Abs. 1 oder Abs. 2 VerG genannten Unterlagen in den ersten fünf Monaten des Geschäftsjahrs aufzustellen und den Mitgliedern des Aufsichtsrats vorzulegen, so kann diese Frist um höchstens vier Monate überschritten werden.

Dasselbe gilt für andere Unterlagen der Rechnungslegung, die innerhalb der für die Vorlage des Jahresabschlusses geltenden Fristen vorzulegen sind.

Abweichend von § 277 Abs. 1 UGB sind die dort genannten sowie sämtliche gleichzeitig offenzulegenden Unterlagen spätestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag einzureichen. Abweichend von § 277 Abs. 2 UGB hat die Veröffentlichung spätestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag zu erfolgen.

Bitte beachten Sie die Bestimmungen zum In- und Außerkrafttreten der vorgenannten Änderungen.
 

 

Beschränkung der Rechtsfolgen von Mietzinsrückständen bei Wohnungsmietverträgen (Artikel 37, I. Hauptstück, § 1)

Die Rechtsfolgen von Mietzinsrückständen werden beschränkt. Eine Kündigung des Mietvertrags wegen eines Mietzinsrückstands aus den Monaten April, Mai und Juni 2020 in Folge der Pandemie wird vorläufig ausgeschlossen. Vermieter können den Zahlungsrückstand bis 31. Dezember 2020 nicht gerichtlich einfordern oder aus einer vom Mieter übergebenen Kaution abdecken. Der Zahlungsrückstand muss bis spätestens Mitte des Jahres 2022 entrichtet werden. Dann hat der Vermieter das Recht, eine Kündigung des Mietvertrags oder eine Klage auf Vertragsaufhebung auf diesen Rückstand zu stützen. Das Recht des Vermieters, eine unterbliebene Mietzinszahlung zur Grundlage einer Vertragsauflösung zu machen, wird demnach nicht gänzlich beseitigt, sondern um zwei Jahre hinausgeschoben.

Weiterhin bestehen bleibt das Recht des Vermieters, den Mietvertrag wegen anderer Gründe zu kündigen.
 

 

Verschiebung der Fälligkeit von Zahlungen bei Kreditverträgen (Artikel 37, I. Hauptstück, § 2)

Es wird eine Erleichterung für Kreditnehmer vorgesehen, die vor dem 15. März 2020 einen Kredit aufgenommen haben und nun von der COVID-19-Pandemie unmittelbar betroffen sind. Die Fälligkeit dieser Zahlungen wird jeweils um drei Monate nach dem vertraglich vorgesehenen Zahlungstag verschoben und bezieht sich nicht nur auf Verbraucherkreditverträge, sondern auch auf Unternehmenskredite an Kleinstunternehmen. Für die Dauer der Stundung befindet sich der Kreditnehmer mit der Zahlung dieser Leistungen nicht in Verzug; während dieser Zeit fallen daher keine Verzugszinsen an.
 

 

Beschränkung von Verzugszinsen und Ausschluss von Inkassokosten (Artikel 37, I. Hauptstück, § 3)

Auf das gesetzliche Zinsausmaß von 4% pro Jahr beschränkt werden Verzugszinsen für sämtliche Vertragsverhältnisse, die in dem von der Pandemie besonders betroffenen Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 fällig werden.
 

 

Ausschluss von Konventionalstrafen (Artikel 37, I. Hauptstück, § 4)

Konventionalstrafen sind nicht zu entrichten, wenn wegen der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Beschränkungen das Erwerbsleben verunmöglicht wird.
 

 

Verlängerung von befristeten Wohnungsmietverträgen (Artikel 37, I. Hauptstück, § 5)

Ein befristeter Wohnungsmietvertrag, der nach dem 30. März 2020 und vor dem 1. Juli 2020 abläuft, kann abweichend von § 29 MRG bis Jahresende verlängert werden.
 

 

Aufschiebung der Räumungsexekution (Artikel 37, I. Hauptstück, § 6)

Räumungsexekutionen nach § 349 EO sind auf Antrag des Verpflichteten ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung aufzuschieben, wenn die Wohnung zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Verpflichteten und der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen unentbehrlich ist, es sei denn, die Räumung ist zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des betreibenden Gläubigers unerlässlich.
 

 

Grundbücherliche Rangordnung (Artikel 37, IV. Hauptstück)

Die Frist für die Ausnützung einer im Grundbuch angemerkten Rangordnung wird in der Zeit vom 16. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 gehemmt und kann durch die Justizministerin noch verlängert werden.
 

 

Gebührenerleichterungen (Artikel 37, VI. Hauptstück)

Die automatische Inflationsanpassung der Gerichtsgebühren (vgl § 31a GGG) wird bis Jahresende ausgesetzt. Unterhaltsvorschussentscheidungen iZm COVID-19 werden von der Gebührenpflicht befreit. Pfandrechtliche Kreditbesicherungen iZm dem Hilfspaket zur Unterstützung der Wirtschaft lösen keine Eintragungsgebühren aus.
 

 

Sonderregelungen für öffentliche Auftragsvergaben (Artikel 38)

Um wirtschaftliche Schäden gering zu halten, regelt ein eigenes Bundesverfassungsgesetz Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens. In Nachprüfungsverfahren und Verfahren über die Gewährung von einstweiligen Verfügungen endet die Fristunterbrechung mit 6. April 2020. Für alle verfahrenseinleitenden Anträge läuft die Hemmung mit Inkrafttreten des Gesetzes (5. April 2020) ab. Für Vergabeverfahren von Notbeschaffungen im Zusammenhang mit COVID-19 werden die Wirkungen der Antragsstellung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten außer Kraft gesetzt. Ein Zuschlag darf also vor der Antragsentscheidung erteilt werden.
 

 

Gewerblicher Rechtsschutz (Artikel 39)

Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes werden Fristen in der Zeit vom 16. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 gehemmt. Die Umwelt- und Infrastrukturministerin erhält weitreichende Kompetenzen, den Fristenablauf durch Verordnung zu verlängern.
 

 

5. COVID-19-Gesetz

BGBl. I Nr. 25/2020

 

Änderung des gesetzlichen Budgetprovisoriums und des Bundesfinanzrahmens

Die Aufstockung des Krisenbewältigungsfonds von vier auf 28 Mrd. Euro wird bis zum Beschluss des regulären Budgets 2020 und des neuen Bundesfinanzrahmengesetzes auf eine haushaltsrechtliche Basis gestellt. Außerdem sollen VerwaltungspraktikantInnen über den Personalplan hinaus befristet in ein reguläres Dienstverhältnis zur Unterstützung des Krisenstabs übernommen werden können.

 

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen unverbindlich sind und es sich um keine abschließende Darstellung handelt. Ein Studium der einschlägigen Vorschriften und Anordnungen kann durch diese Informationen nicht ersetzt werden. Manche der dargestellten Aspekte können kurzfristigen Änderungen unterworfen sein.

 

Letzte Aktualisierung: 07.04.2020

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