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Enquete „Menschen mit Behinderungen in Rechtsberufen“ – Konkrete Schlussfolgerungen als Ergebnis

Rechtsanwälte, Notare, Richter, Staatsanwälte und das Institut für Rechtsentwicklung der Uni Wien formulieren gemeinsame Schlussfolgerungen für bessere Rahmenbedingungen

Im Rahmen einer am heutigen Freitag in Zusammenarbeit aller Rechtsberufe mit dem Forschungsinstitut für Rechtsentwicklung der Universität Wien veranstalteten Enquete zum Thema „Diversity – Menschen mit Behinderungen in Rechtsberufen“ wurden Erfahrungen Betroffener ausgetauscht, rechtliche Rahmenbedingungen erörtert und politische Perspektiven diskutiert. 

Die bereits seit geraumer Zeit geführte Diskussion, in wie weit körperlich behinderte Menschen in Rechtsberufen Karriere machen können und das auch sollen, wurde in dieser Enquete erstmals entscheidend vorangebracht. Auch der polarisierenden Fragestellung, ob sehbehinderte Menschen alle Vorraussetzungen für richterliche Berufe erfüllen, stellte sich die Enquete. Die Entschließung des Nationalrates, wonach die notwendigen organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um blinden und stark sehbehinderten Menschen zu ermöglichen, am Bundesverwaltungsgericht und am Bundesfinanzgericht den Richterberuf ausüben können, wird ausdrücklich begrüßt. Durch eine begleitende Evaluierung sollen zudem generelle Rahmenbedingungen für Menschen mit körperlichen Behinderungen geschaffen und somit die Ausübung juristischer Berufe ermöglicht werden.

Die Österreichische Notariatskammer, der Österreichische Rechtsanwaltskammertag, das Institut für Rechtsentwicklung der Universität Wien, die Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter und die Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte fassen
folgende gemeinsame Schlussfolgerungen:

1.  Am 3. Mai 2013 jährt sich das Inkrafttreten des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum 5. Mal. Das Übereinkommen schreibt Rechte von Menschen mit Behinderungen fest und verbietet u.a. Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen im beruflichen Kontext.

2. Die Enquete hat gezeigt, wie Menschen mit Behinderungen hochqualifizierte Positionen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft wahrnehmen und welche Rahmenbedingungen dafür notwendig sind. So ist die Funktion des Generalstaatsanwalts von Paris mit einem angesehenen blinden Juristen besetzt. Rund 60 blinde Menschen üben in Deutschland das Richteramt aus. In Österreich sind 22 Richterinnen und Richter mit Behinderungsgraden zwischen 20 und 100% tätig, zwei sind auf einen Rollstuhl angewiesen. Auch in anderen Rechtsberufen sind Menschen mit Behinderungen erfolgreich tätig.

3. Die genannten Organisationen halten es für wichtig, dass der Zugang fürMenschen mit Behinderungen zu den universitären Studien und zu den Rechtsberufen in Österreich erleichtert wird. Die genannten Organisationenbegrüßen und unterstützen daher die Entschließung des Nationalrats vom 30.1.2013. In dieser Entschließung ersucht der Nationalrat die Bundesregierung, im Rahmen eines Pilotprojektes in einem ersten Schritt die notwendigen rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit blinde und stark sehbehinderte Personen am Bundesverwaltungsgericht und am Bundesfinanzgericht auch den Richterberuf ausüben können.

4. Das Pilotprojekt sollte begleitend evaluiert werden, um generelle Rahmenbedingungen für Menschen mit körperlichen Behinderungen zu schaffen und ihnen die Ausübung in einem der klassischen Juristenberufe zu ermöglichen. Menschen mit Behinderungen sollten ab sofort ermuntert werden, rechtswissenschaftliche Studien zu inskribieren und die Ausbildung zum Richter/zur Richterin, zum Rechtsanwalt/zur Rechtsanwältin sowie zum Notar/zur Notarin anzustreben.

5. Es sollten dringend die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit körperlichen Behinderungen eine Teilauslastung in Anspruch nehmen können.

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